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"Die grundsätzliche Machbarkeit wurde im 5G-Today-Projekt nachgewiesen!"


Interview mit Thomas Janner von Rohde & Schwarz zum 5G Brodcast-Projekt "5G-Today"


Thomas Janner von Rohde & Schwarz
München, 25.04.2021; Das Projekt „5G-Today“ wurde im Juli 2017 ins Leben gerufen. Aus der Taufe gehoben von einem Konsortium von IRT, Telefonica, Bayerischer Rundfunk, KATHREIN sowie Rohde & Schwarz. Gegenstand der Forschung war der Versand und Empfang von linearen, medialen Inhalten über das 5G Netz (5G Broadcasting). Nicht nur in Deutschland sorgte das Projekt für Aufsehen. Auch China und Brasilien zeigten großes Interesse an der Technik, ebenso dem Übertragungsverfahren.

Dabei übernahm das Institut für Rundfunktechnik (IRT) die Schirmherrschaft über das Projekt. Rohde & Schwarz sowie KATHREIN kümmerten sich um die technische Ausstattung sowie Verfügbarkeit, während der Bayerische Rundfunk die beiden Testsende-Anlagen zur Verfügung stellte.

5G-Anbieter.info hatte die Möglichkeit, mit Thomas Janner von Rohde & Schwarz ausführlich über das 5G Broadcasting Projekt „5G-Today“ zu sprechen. Welche Erkenntnisse konnten aus dem knapp 3-jährigen Projektverlauf gewonnen werden? Welche Technik kam zum Einsatz und was für ein Interesse daran hatten China sowie Brasilien? Und natürlich noch viel mehr. Viel Spaß beim Lesen.

5G-Anbieter.info: Erst einmal vielen Dank Herr Janner für die Möglichkeit dieses Interviews. Sie und ihr Stab von Rohde & Schwarz (R&S) waren als ein Kooperationspartner neben dem IRT sowie Kathrein für die technische Umsetzung des Projektes „5G Today“ verantwortlich. Bitte stellen Sie sich und ihr Team vor.

Herr Janner: Mein Name ist Thomas Janner. Ich leite im Fachgebiet „Broadcast and Amplifier Systems“ das Produktmanagement und das Entwicklungsteam „Signalverarbeitung“. Mitarbeiter aus diesem Fachgebiet haben die Entwicklungsbeiträge von R&S zum Projekt geliefert.

5G-Anbieter.info: Bitte stellen Sie uns das Projekt sowie dessen Zielsetzung vor. Mit welchen technischen Mitteln wurde das Vorhaben umgesetzt? Wie hoch war der Aufwand?

Herr Janner: Im 5G-Today Projekt, gefördert von der Bayerischen Forschungsstiftung, entwickelten die Firmen KATHREIN, Rohde & Schwarz und das IRT im Zeitraum von 1.7.2017 bis 29.2.2020 gemeinsam die technologische Basis für die flächendeckende und effiziente Verbreitung von bandbreitenintensiven Medieninhalten zu mobile Endgeräten. Unterstützt wurden die Projektpartner von den assoziierten Partnern Bayerischer Rundfunk und Telefónica Germany. Konkret ging es hier um die Umsetzung und Erforschung der FeMBMS (Further evolved Multimedia Broadcast Multicast Service) -Spezifikation zur großflächigen Verbreitung von Rundfunkinhalten auf Basis des 4G/5G-Mobilfunkstandards.

Die Konzeptionierung und prototypische Realisierung der kompletten Signalkette, bestehend aus 5G Broadcast-Sendesystem und eines entsprechenden Empfangssystems wurde im Januar 2018 begonnen. Der FeMBMS-Sender sowie das Datenzuführungs- und Steuerungsnetzwerk R&S®BSCC wurde von der Firma Rohde & Schwarz entwickelt. Im Dezember 2018 wurde die Sendeanlage auf dem Wendelstein für die Abstrahlung eines FeMBMS-Signals installiert. Zur Abstrahlung des HF-Signals wurde die für den DVB-T2-Betrieb vorhandene UHF-Sendeantenne mitgenutzt. Im nächsten Schritt wurde auch der Sender in Ismaning im März 2019 ebenfalls in Betrieb genommen.

5G Today Launch Event 2019

5G Today Launch Event 2019 | Bild: 5GToday


Für den Senderstandort Ismaning wurde von der Firma KATHREIN eine neuartige Sendeantenne entwickelt. Das IRT implementierte den FeMBMS-Empfänger basierend auf der Software Defined Radio (SDR) Technologie und des OpenAirInterface (OAI). Zur Verifikation und Vergleich mit den Versorgungsprognosen wurde ein vorhandenes Messsystem für FeMBMS von der Firma KATHREIN erweitert.

Von jedem der aktiven Projektpartner IRT, KATHREIN und Rohde & Schwarz wurden mehrere Mannjahre Aufwand in die entsprechenden Lösungen investiert. Für die Entwicklung des FeMBMS-Modulators im Sender kooperierte Rohde & Schwarz von Beginn an mit dem Institut für Nachrichtentechnik der TU Braunschweig, das mit ihrer vorhandenen FeMBMS-Empfängerlösung dieses Projekt massiv unterstützt hat.

5G-Anbieter.info: Das von Juli 2017 bis Ende Februar 2020 laufende Projekt „5G-Today“ beschäftigte sich inhaltlich mit 5G Broadcasting – also dem Versand sowie Empfang von linearen Medieninhalten über das Mobilfunknetz. Welche Erkenntnisse / Ansichten / Ergebnisse konnten aus dem Feldversuch gewonnen werden? Sind daraus Strategien für zukünftige Entwicklungen ableitbar?

Herr Janner: 5G-Today war eines der ersten 5G Broadcast Projekte. Die Sende- und Empfangskomponenten, die im Rahmen des Projektes entwickelt wurden, werden weltweit in weiteren Feldversuchen eingesetzt. 5G Broadcast erlaubt eine effiziente Verbreitungsmöglichkeit über die Zellgrenzen klassischer Mobilfunknetze hinweg und bietet den Empfang von linearen Programmen auf Smartphones und Tablets. Damit entsteht ein Mehrwert in 5G-fähigen Endgeräten, von der nahtlosen Kombination von linearen Fernsehsendungen mit On-Demand-Angeboten bis hin zu sicherheitsrelevanten Informationen für die gesamte Bevölkerung.

5G-Anbieter.info: Warum war „5G Today“ zeitlich befristet? Werden die installierten Sendeanlagen in München Ismaning und auf dem Wendelstein weiterhin genutzt, resp. sind weitere Feldversuche / neuere Projekte zur Übertragung von medialen Inhalten über das Mobilfunknetz geplant?

Herr Janner: Wie alle öffentlich geförderten Forschungsvorhaben, unterlag auch dieses Projekt einer zeitlichen Begrenzung. Nach dem offiziellen Projektabschluss wurden die Sendeanlagen zunächst noch weiter betrieben. Derzeit steht noch die Sendeanlage in Ismaning zur Verfügung. Die Sendeanlage auf dem Wendelstein steht mittlerweile am Stuttgarter Fernsehturm und wird dort im Rahmen des „5G Media2Go“ Projektes genutzt. Dieses Projekt startete am 01. Oktober 2020 und darin werden unter anderem lineare Medieninhalten zu Fahrzeugen unter Verwendung von 5G Broadcast verbreitet.

Wendelstein 5GToday

Funkturm auf dem Wendelstein | Bild: 5GToday


5G-Anbieter.info: China ist auf das Projekt „5G-Today“ aufmerksam geworden und plante ab August 2019 mit einem eigenen 5G Broadcast-Netz einen Feldversuch. Auch hierbei erfolgte die technische Umsetzung mit Rohde & Schwarz. Ziel war eine „… großflächige TV-Übertragungen bis zu den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking und eine weitere nationale Expansion bis 2025 zu erreichen“. Wie weit ist dieses Projekt vorangeschritten? Welche Erkenntnisse und Resultate konnten dort bisher gewonnen werden?

Herr Janner: Das 5G-Broadcast-Netz in Peking wurde wie geplant in Betrieb genommen und konnte technisch die Ergebnisse aus dem 5G-Today Projekt bestätigen. Aufgrund sehr unterschiedlicher Interessen verschiedener Organisationen und dem Einfluss der starken Mobilfunkindustrie, ist der damalige Plan zur Einführung von 5G-Broadcast in China mittlerweile äußerst unklar. Es besteht dort zwar weiterhin das Interesse an großflächiger Verbreitung von Medieninhalten auf mobile Endgeräte, allerdings gibt es über die technologische Ausrichtung erhebliche Diskrepanzen.

5G-Anbieter.info: In Brasilien unterstützte Rohde & Schwarz Ende September 2019 das größte, brasilianische wie auch lateinamerikanische TV-Netzwerk Globo bei einem 5G Broadcast-Feldversuch. Und zwar anlässlich des Festival Rock in Rio de Janeiro. Hier wurden Sender und Netzwerkkomponenten zur Verfügung gestellt. Ziel war es, „… die Übertragungstechnologie auf ihre Betriebsfähigkeit und Marktchancen hin zu validieren“. Welche Ergebnisse konnten hier evaluiert werden? Ist das Konzept wirtschaftlich tragfähig, wie wurden die Marktchancen beurteilt?

Herr Janner: Beim "Rock in Rio Festival" wurden Live-Inhalte vom Festival von einem 5G Broadcast Sender auf das gesamte Festival-Gelände übertragen und konnten dort wieder empfangen werden. Damit wurde die Möglichkeit aufgezeigt, dass zukünftig der Besuch von Live-Events durch die zusätzliche Übertragung von Inhalten wie spezielle Kamerawinkel oder Zeitlupen bei Sportveranstaltungen noch attraktiver werden kann. Dieses Angebot kann sicherlich auch einen wirtschaftlichen Mehrwert bedeuten.

5G-Anbieter.info: Am 01.10.2020 startete in Baden-Württemberg das Projekt „5G Media2Go“. Ziel ist ebenfalls die Übertragung von Inhalten per Broadcasting über das Mobilfunknetz – allerdings an mobile Empfänger, z.B. Fahrzeuge. Inwieweit hat „5G-Today“ hier eine Vorreiterrolle eingenommen? Konnten Ergebnisse sowie Resultate weiter genutzt und darauf aufgebaut werden?

Herr Janner: Die Erfahrungen aus dem 5G-Today Projekt konnten bei der Planung und dem Aufbau des 5G Media2Go Projektes genutzt werden. Das 5G Media2Go Projekt hat aber noch mehr den Empfang von Broadcast-Signalen in Fahrzeugen im Fokus, deshalb werden dort die Erweiterungen im Standard eine Rolle spielen, die Ende letzten Jahres verabschiedet wurden. Dabei wurde u.a. ein spezieller Übertragungsmodus für den Mobilfunkempfang in Fahrzeugen bei Geschwindigkeiten bis 250 km/h definiert.

5G-Anbieter.info: Wenn Sie das Projekt „5G-Today“ allgemein betrachten, würden Sie sagen, dass es sich hier um ein wirtschaftlich sowie technisch tragfähiges Konzept handelt zur Übertragung von Inhalten über das Mobilfunknetz?

Herr Janner: Bei einem wissenschaftlich-technologischen Projekt steht natürlich die technische Machbarkeit einer neuen Technologie im Vordergrund. Die grundsätzliche Machbarkeit wurde im 5G-Today-Projekt nachgewiesen und es konnten auch die Potenziale herausgearbeitet werden. Diese wurden von der Standardisierung adressiert und stehen seit der Verabschiedung des 3GPP Release 16 Ende 2020 nun auch zur Verfügung.

Nun steht eine neue Technologie Mobilfunk- und Sendenetzbetreibern, Inhaltsanbietern, Infrastruktur- und Endgeräteherstellern zur Verfügung. Es ist vor allem an ihnen, daraus ein tragfähiges wirtschaftliches Konzept zum Nutzen aller zu entwickeln.

5G-Anbieter.info: Herr Janner, vielen Dank für das spannende Interview.

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Bildquellen:
Wendelstein, Launch Event und Portraitbild: Thomas Janner, Rhode & Schwarz - © mit freundlicher Genehmigung Thomas Janner, Rhode & Schwarz