"Die grundsätzliche Machbarkeit wurde im 5G-Today-Projekt nachgewiesen!"
Interview mit Thomas Janner von Rohde & Schwarz zum 5G Brodcast-Projekt "5G-Today"

Dabei übernahm das Institut für Rundfunktechnik (IRT) die Schirmherrschaft über das Projekt. Rohde & Schwarz sowie KATHREIN kümmerten sich um die technische Ausstattung sowie Verfügbarkeit, während der Bayerische Rundfunk die beiden Testsende-Anlagen zur Verfügung stellte.
5G-Anbieter.info hatte die Möglichkeit, mit Thomas Janner von Rohde & Schwarz ausführlich über das 5G Broadcasting Projekt „5G-Today“ zu sprechen. Welche Erkenntnisse konnten aus dem knapp 3-jährigen Projektverlauf gewonnen werden? Welche Technik kam zum Einsatz und was für ein Interesse daran hatten China sowie Brasilien? Und natürlich noch viel mehr. Viel Spaß beim Lesen.
Herr Janner: Mein Name ist Thomas Janner. Ich leite im Fachgebiet „Broadcast and Amplifier Systems“ das Produktmanagement und das Entwicklungsteam „Signalverarbeitung“. Mitarbeiter aus diesem Fachgebiet haben die Entwicklungsbeiträge von R&S zum Projekt geliefert.
Herr Janner: Im 5G-Today Projekt, gefördert von der Bayerischen Forschungsstiftung, entwickelten die Firmen KATHREIN, Rohde & Schwarz und das IRT im Zeitraum von 1.7.2017 bis 29.2.2020 gemeinsam die technologische Basis für die flächendeckende und effiziente Verbreitung von bandbreitenintensiven Medieninhalten zu mobile Endgeräten. Unterstützt wurden die Projektpartner von den assoziierten Partnern Bayerischer Rundfunk und Telefónica Germany. Konkret ging es hier um die Umsetzung und Erforschung der FeMBMS (Further evolved Multimedia Broadcast Multicast Service) -Spezifikation zur großflächigen Verbreitung von Rundfunkinhalten auf Basis des 4G/5G-Mobilfunkstandards.
Die Konzeptionierung und prototypische Realisierung der kompletten Signalkette, bestehend aus 5G Broadcast-Sendesystem und eines entsprechenden Empfangssystems wurde im Januar 2018 begonnen. Der FeMBMS-Sender sowie das Datenzuführungs- und Steuerungsnetzwerk R&S®BSCC wurde von der Firma Rohde & Schwarz entwickelt. Im Dezember 2018 wurde die Sendeanlage auf dem Wendelstein für die Abstrahlung eines FeMBMS-Signals installiert. Zur Abstrahlung des HF-Signals wurde die für den DVB-T2-Betrieb vorhandene UHF-Sendeantenne mitgenutzt. Im nächsten Schritt wurde auch der Sender in Ismaning im März 2019 ebenfalls in Betrieb genommen.
Für den Senderstandort Ismaning wurde von der Firma KATHREIN eine neuartige Sendeantenne entwickelt. Das IRT implementierte den FeMBMS-Empfänger basierend auf der Software Defined Radio (SDR) Technologie und des OpenAirInterface (OAI). Zur Verifikation und Vergleich mit den Versorgungsprognosen wurde ein vorhandenes Messsystem für FeMBMS von der Firma KATHREIN erweitert.
Von jedem der aktiven Projektpartner IRT, KATHREIN und Rohde & Schwarz wurden mehrere Mannjahre Aufwand in die entsprechenden Lösungen investiert. Für die Entwicklung des FeMBMS-Modulators im Sender kooperierte Rohde & Schwarz von Beginn an mit dem Institut für Nachrichtentechnik der TU Braunschweig, das mit ihrer vorhandenen FeMBMS-Empfängerlösung dieses Projekt massiv unterstützt hat.
Herr Janner: 5G-Today war eines der ersten 5G Broadcast Projekte. Die Sende- und Empfangskomponenten, die im Rahmen des Projektes entwickelt wurden, werden weltweit in weiteren Feldversuchen eingesetzt. 5G Broadcast erlaubt eine effiziente Verbreitungsmöglichkeit über die Zellgrenzen klassischer Mobilfunknetze hinweg und bietet den Empfang von linearen Programmen auf Smartphones und Tablets. Damit entsteht ein Mehrwert in 5G-fähigen Endgeräten, von der nahtlosen Kombination von linearen Fernsehsendungen mit On-Demand-Angeboten bis hin zu sicherheitsrelevanten Informationen für die gesamte Bevölkerung.
Herr Janner: Wie alle öffentlich geförderten Forschungsvorhaben, unterlag auch dieses Projekt einer zeitlichen Begrenzung. Nach dem offiziellen Projektabschluss wurden die Sendeanlagen zunächst noch weiter betrieben. Derzeit steht noch die Sendeanlage in Ismaning zur Verfügung. Die Sendeanlage auf dem Wendelstein steht mittlerweile am Stuttgarter Fernsehturm und wird dort im Rahmen des „5G Media2Go“ Projektes genutzt. Dieses Projekt startete am 01. Oktober 2020 und darin werden unter anderem lineare Medieninhalten zu Fahrzeugen unter Verwendung von 5G Broadcast verbreitet.

Funkturm auf dem Wendelstein | Bild: 5GToday
Herr Janner: Das 5G-Broadcast-Netz in Peking wurde wie geplant in Betrieb genommen und konnte technisch die Ergebnisse aus dem 5G-Today Projekt bestätigen. Aufgrund sehr unterschiedlicher Interessen verschiedener Organisationen und dem Einfluss der starken Mobilfunkindustrie, ist der damalige Plan zur Einführung von 5G-Broadcast in China mittlerweile äußerst unklar. Es besteht dort zwar weiterhin das Interesse an großflächiger Verbreitung von Medieninhalten auf mobile Endgeräte, allerdings gibt es über die technologische Ausrichtung erhebliche Diskrepanzen.
Herr Janner: Beim "Rock in Rio Festival" wurden Live-Inhalte vom Festival von einem 5G Broadcast Sender auf das gesamte Festival-Gelände übertragen und konnten dort wieder empfangen werden. Damit wurde die Möglichkeit aufgezeigt, dass zukünftig der Besuch von Live-Events durch die zusätzliche Übertragung von Inhalten wie spezielle Kamerawinkel oder Zeitlupen bei Sportveranstaltungen noch attraktiver werden kann. Dieses Angebot kann sicherlich auch einen wirtschaftlichen Mehrwert bedeuten.
Herr Janner: Die Erfahrungen aus dem 5G-Today Projekt konnten bei der Planung und dem Aufbau des 5G Media2Go Projektes genutzt werden. Das 5G Media2Go Projekt hat aber noch mehr den Empfang von Broadcast-Signalen in Fahrzeugen im Fokus, deshalb werden dort die Erweiterungen im Standard eine Rolle spielen, die Ende letzten Jahres verabschiedet wurden. Dabei wurde u.a. ein spezieller Übertragungsmodus für den Mobilfunkempfang in Fahrzeugen bei Geschwindigkeiten bis 250 km/h definiert.
Herr Janner: Bei einem wissenschaftlich-technologischen Projekt steht natürlich die technische Machbarkeit einer neuen Technologie im Vordergrund. Die grundsätzliche Machbarkeit wurde im 5G-Today-Projekt nachgewiesen und es konnten auch die Potenziale herausgearbeitet werden. Diese wurden von der Standardisierung adressiert und stehen seit der Verabschiedung des 3GPP Release 16 Ende 2020 nun auch zur Verfügung.
Nun steht eine neue Technologie Mobilfunk- und Sendenetzbetreibern, Inhaltsanbietern, Infrastruktur- und Endgeräteherstellern zur Verfügung. Es ist vor allem an ihnen, daraus ein tragfähiges wirtschaftliches Konzept zum Nutzen aller zu entwickeln.
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- Zusammenfassung
Wendelstein, Launch Event und Portraitbild: Thomas Janner, Rhode & Schwarz - © mit freundlicher Genehmigung Thomas Janner, Rhode & Schwarz