5G Reichweite
Wie weit funkt die neue Mobilfunktechnik?
Die 5. Mobilfunk-Generation startete hierzulande bereits vor 5Jahren und erfreut sich immer größerer Beliebtheit bei Handynutzern. Besonders Vodafone, O2 und die Deutsche Telekom arbeiten seither intensiv am Ausbau. Bereits 2025 könnte die Abdeckung der des Vorgängers entsprechen. Doch wie weit reicht 5G eigentlich? Wovon hängt die Reichweite ab, brauchen wir mehr Funkmasten und wenn ja, wieso? Dies und mehr klären wir in folgendem Ratgeber.
1. Konkrete 5G-Reichweite in der Praxis
Wie Sie in den folgenden Abschnitt noch erfahren, ist im Mobilfunk der genutzte Frequenzbereich für die mögliche Reichweite entscheidend. Für 5G dominiert aktuell das Band n78 bei 3,6 GHz und n1 bei 2,1 GHz. Darüber hinaus findet die Mobilfunktechnik über Dynamic Spectrum Sharing auf 700 und 1800 MHz Anwendung. Die 5G-Frequenzen, welche im Juli 2019 versteigert wurden, liegen auf Bändern im Bereich von 2,1 sowie 3,6 GHz. Bei letzterem kann man maximal von 1 km Reichweite ausgehen. Bei 2.1 GHz wurden im Telekomnetz bei Tests ca. 2 Kilometer erzielt[1].
LTE, also 4G, funkt hierzulande bisher vor allem auf 800, 1800, 1500, 2100 und 2600 MHz. LTE-Stationen mit 800 MHz verfügen in etwa über eine maximale Reichweite von 10-15 Kilometern, wobei dafür beim Endnutzer bereits externe Antennen benötigt werden. In Ausnahmen wurden in der Praxis auch schon 20 km erzielt.
Zudem hängt der Empfang von vielen Umweltfaktoren (siehe unten) ab, insbesondere der regionalen Topologie. Daher gehen wir der Einfachheit von einer flachen Landschaft aus. In der Praxis ergeben sich, zusammen mit den Erfahrungswerten von 4G, in etwa folgende Reichweiten für 5G-Stationen:
* Samsung erzielte 2018 bei 5G-Tests bei 28 GHz eine Reichweite von
maximal 500 Metern.
1.1 Praxistest in Leipzig
In einem Test auf 3,6 GHz konnten wir, ohne Hilfsmittel (Zusatzantenne) und mit Sichtverbindung, noch ungefähr noch 400-500 Meter von Mast ein Signal erhalten. Bei 100 Metern lag die Datenrate noch bei über 1 GBit pro Sekunde. Ab 300 Metern betrug die Geschwindigkeit noch gut 800 MBit/s, aber schon ab 400 Meter loggte sich der Router bei 5G aus und in 4G ein! Daher ist diese Frequenz auch gänzlich ungeeignet für den 5G-Ausbau auf dem Land. Das erkannte Bitkom-Präsident Achim Berg bereits Mitte 2018 und warnte: „Damit lässt sich wirtschaftlich keine Flächendeckung herstellen. Im Durchschnitt müsste jeden Kilometer ein Sendemast aufgebaut, mit Glasfaser angeschlossen und mit Strom versorgt werden. Wir müssten einmal ganz Deutschland aufgraben, um die geforderte Flächendeckung herzustellen. Das ist schlicht nicht machbar und geht an den Realitäten des Mobilfunks vorbei.“
2. Frequenz also entscheidend für die Reichweite
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass der Mobilfunkstandard an sich nichts über die Reichweite aussagt. Eine Aussage derart, dass 4G weiter als 3G oder 5G weiter als 4G reicht, ist schlichtweg Unsinn. Ausschlaggebend ist vor allem die verwendete Frequenz der Basisstation auf der gefunkt wird. Hier gibt also die Physik den Ton an und weniger die Technik. Allgemein gilt, dass mit zunehmender Wellenlänge bei elektromagnetischen Wellen auch die Reichweite steigt. Je niedriger die Frequenz, desto höher die Wellenlänge! Der Zusammenhang zwischen Wellenlänge und Frequenz lautet im Detail:
Man sieht also direkt, dass die höhere Frequenz eine deutlich geringere Wellenlänge und somit Reichweite aufweist, sofern die Sendeleistung gleichbleibt.
Grundlage für diesen Zusammenhang ist sogenannte Freiraumdämpfung. Mit jedem Meter Entfernung vom Funkmast sinkt die Feldstärke erheblich. Schon nach einem Meter reduziert sich die Signalstärke um ein Tausendstel bzw. 30 dB. Mit zunehmender Distanz wird der Effekt jedoch schwächer, da die Freiraumdämpfung einer logarithmischen Funktion folgt. Wie in der folgenden Formel erkenntlich, steht die Frequenz f in direkter Verbindung mit der Dämpfung.
Die folgende Grafik zeigt den Zusammenhang zwischen dem Abstand in Metern und der Dämpfung in dB.
Fazit: Bei gleicher Sendeleistung nimmt die Reichweite eines Funkmastes proportional zur Wellenlänge ab!
+
Durch die Freiraumdämpfung reduziert sich die Reichweite mit jedem Meter in Abhängigkeit von der Frequenz.
3. Faktoren: Warum sind keine genauen Angaben zur Reichweite möglich?
Tatsächlich ist es fast unmöglich eine genaue Angabe zur Reichweite bei einer bestimmten Mobilfunkfrequenz zu machen. Schuld daran sind extrem viele Faktoren die Einfluss nehmen können. Das komplizierte COST Hata Model ermöglicht zumindest grob eine Modellierung in Abhängigkeit von Frequenz, Antennenhöhe von Nutzer und Funkmast, sowie der Distanz zum Sender.
Zusätzlich spielen aber noch Wetter, umgebende Bebauung/Topologie und ggf. Geschwindigkeit des Rezipienten eine Rolle.
Aber auch die Gegebenheiten beim Nutzer vor Ort sind teils entscheidend. Befindet er sich in der Sichtachse eines Senders oder direkt in einem Gebäude? Denn höhere Frequenzen haben eine schlechte Gebäudedurchdringung. 5G-Frequenzen im mmWave-Bereich z.B. würden gar nicht erst ins Innere von Häusern gelangen.
4. Beamforming bringt 5G-Technik kleinen Reichweitenvorteil
Durch den Einsatz diverser Verfahren können 5G-Stationen unter Umständen dennoch eine etwas höhere Reichweite erzielen. Möglich macht das der Einsatz spezieller Mehrantennentechniken (MIMO) und vor allem Beamforming. Während herkömmliche 4G-Masten die Funkstrahlen praktisch in alle Richtungen ungezielt "feuern", wird bei 5G mit Beamforming jedes Endgerät direkt "angepeilt". Vereinfacht ausgedrückt, sendet der Mast einen gebündelten Funkkegel zum Nutzer, wie als ob man mit einer Taschenlampe im Dunkeln eine Person anstrahlt.
In der Summe ergeben sich geringere Reichweitenverluste und die Kapazität der Station erhöht sich enorm. Der Mast kann so ein Vielfaches mehr an Nutzern versorgen - hier geht es um den Faktor 1000. Netzwerkausrüster Ericsson ist der Ansicht, dass man mit 5G bei 3.5 GHz eine ähnliche Reichweite erzielen könne, wie früher mit UMTS auf 2.1 GHz. Allerdings stehen hier, für eine endgültige Aussage, noch ausreichende Erfahrungswerte in der Praxis aus.
5. weitere Verfahren zur Reichweitenverbesserung
Es gibt noch eine weitere Technik, welche bei 5G eingesetzt werden kann, um größere Gebiete mit sonst gleichen Parametern zu versorgen. Sehr erfolgsversprechend ist das sogenannte Uplink-Decoupling. Mit neueren Releasestufen (z.B. Rel 17 oder Rel 18), werden weitere Verfahren - auch zur Reichweitenoptimierung - hinzukommen. Es bleibt also spannend!
6. 5G in der Fläche: 700 MHz sind für die 5G-Versorgung auf dem Land ideal
Für eine weitreichende 5G-Abdeckung außerhalb der Großstädte, ist das Band 28 bei 700 MHz ideal. Deutsche Telekom, O2 und Vodafone verfügen hier nur je über 2 x 10 MHz. Vodafone hatte bereits im April 2020 angekündigt, 5G im ländlichen Raum auf 700 MHz einzusetzen, um die Fläche abzudecken. Damit erhöht sich die erzielbare Distanz mindestens auf das Niveau, wie es zuvor über LTE bei 800 MHz erreicht wurde (15-20 km in der Spitze).
Aufgrund der geringen Bandbreite, hält sich allerdings die erzielbare Datenrate auch mittels 5G sehr in Grenzen. Vodafone spricht von bis zu 200 MBit/s für Heimtarife mit 5G. Nach Vodafone, ist auch O2 dem Beispiel gefolgt, und geht seit 2021 über 700 MHz in die Fläche. Seit 2022 nutzt auch die Telekom 700 MHz für 5G.
6.1 Ultrakurze Reichweite bei mmWave
Wie wir gesehen haben, ist die Reichweite im Bereich über 2 GHz bereits recht gering. Für 5G sind aber noch höhere Frequenzen im mm-Bereich bei 24-100 GHz geplant. In Campusnetzen (für Unternehmen) kommen diese sogar schon zum Einsatz.
Derartige Funkzellen haben dann eine Reichweite von nur wenigen hundert Metern oder gar darunter. Ähnlich wie heimische WLAN-Netze. Man spricht daher auch von Small- oder Micro-Cells. Die Konsequenz: Es braucht dann ein deutlich dichteres Funkzellennetz. Statt aber sämtliche Dächer mit Antennen zu bestücken, könnten Laternenmasten oder Ampeln diese Aufgabe übernehmen.
Fazit zur Reichweiten-Thematik
Sofern für 5G-Mobilfunk keine Frequenzbereiche unter 3 GHz eingesetzt werden, fällt die Reichweite der Sendemasten teils deutlich geringer wie noch beim alten 4G. Respektive benötigt man für den Ausbau eine extrem hohe Dichte an Funkstationen (viele Smartcells). Nur mit langwelligen Bändern, also im Bereich von 0,7-2 GHz, lassen sich größere Flächen kostengünstig erschließen.
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